Wie wir lernen

Zusammenfassung und Gliederung

Das Gehirn kann nicht anders: Es lernt immer!
Alle Tätigkeiten und Regungen, ja auch unsere Träume hinterlassen Spuren in unserem Gehirn.

Wenn wir die Grund-Funktion unseres Gehirns verstehen, können wir unser Gehirn besser nutzen: Dann können wir uns für das Lernen entscheiden und wissen, wie es geht: Wir werden erfolgreich lernen, kreativ sein und haben Spaß dabei!

  • „Lernen“ ist ein sehr schillernder Begiff.
  • Eine Zusammenfassung: aktuelle, neurowissenschaftliche Erkenntnisse
  • Zusammenfassend: Die vier Säulen des Lernens (aktuelle Theorie-Zusammenfassung)
  • Tun Sie etwas für das Gelingen von Lernprozessen und entscheiden Sie sich!
  • Man kann Lernprozesse willentlich unterstützen.
  • Man kann dem Gehirn das Lernen auch erschweren oder unmöglich machen.
  • Man kann ein Leben lang lernen.
  • Weiterführende Links

„Lernen“ ist ein sehr schillernder Begriff.

Je nach psychologischem oder philosophischem Weltbild werden sehr unterschiedliche Vorgänge als „lernen“ bezeichnet.
Eine schöne Übersicht habe ich in Beats Biblionetz im Artikel „Wie funktioniert Lernen?“ gefunden.

Meiner Wahrnehmung nach gehen die Mehrzahl moderner Veröffentlichungen vordergründig von konstruktivistischem Hintergrund aus. Wer genauer liest und hinschaut und den Gedanken länger folgt, findet allermeist auch Einsprengsel früherer Modellvorstellungen.
Meine Selbstbeobachtung ergibt genau dieses Bild von Brüchen in meinen Argumentationen auch. – Durchaus verständlich, denn die meisten von uns wurden ja noch auf dem Hintergrund anderer Modell geprägt und ausgebildet.

Eine Zusammenfassung: aktuelle, neurowissenschaftliche Erkenntnisse

Ich fasse die mir wesentliche Hauptaussagen der Hirnforschung hier zusammen:

  1. Das Gehirn ist ein Organ, das begierig ist und bleibt, zu lernen.
  2. Es lernt immer. Das Gehirn kann nichts anderes. Es muss lernen und lernt besonders, was wir mit Begeisterung immer wieder tun! Jede Lebensäußerung hinterlässt dabei Spuren.
  3. Das Gehirn lernt sowohl Wissens- als auch Gefühls- und Handlungsstrukturen.
    Es trennt diese nicht – entgegen unseren lieb gewonnenen und sehr weit verbreiteten Vorstellungen.
  4. Besonders gut lernen wir, was wir uns aktiv aneignen: Wenn wir uns eine eigene Gedankenlinie oder eine eigenen Zusammenfassung erstellen.
  5. Lernen bedeutet in diesem Zusammenhang schon sehr bald in der Entwicklung des Gehirns, dass Regeln aus den Sinneseindrücken und Wahrnehmungen herausgefiltert werden: Was sich immer wieder zeigt, was also einer regelhaften Wiederholung unterliegt, wird als Struktur gelernt. Biologisch sind messbare Verstärkungen der Synapsen-Verbindungen entsprechend den wiederholt dargebotenen Regelabläufen nachweisbar. So lässt sich auch erklären, warum wir manches „wie im Schlaf“ tun können.
  6. Wesentlich scheint die Aufmerksamkeit dabei zu sein:
    Mit was beschäftige ich mich / lasse ich micht beschäftigen?
  7. Lernen kann Spaß machen, sogar viel Spaß – wenn es gelingt. Um diese schöne Erfahrung dauerhaft zu ermöglichen, sollten Kinder (schon sehr früh im Elternhaus, dem Kindergarten und spätestens in der Grundschule) lernen, dass Bemühungen Erfolg bringen. Diese Erfahrung muss nicht mit klassischem Lernstoff gemacht werden, sie kann auch beim Üben eines Spieles oder eines Instrumentes gewonnen werden.

Hinweis auf einen aktuellen, kurzen Theorie-Input: „Vier Säulen des Lernens“

Bent Freiwald, der Bildungsreporter aus krautreporter.de hat knapp und fachlich kundig zusammengefasst, was unser Gehirn zum Lernen benötigt:

  1. Aufmerksamkeit
  2. Neugier, also wissen wollen
  3. produktive Rückmeldung (= möglichst individuelles Feedback, nach möglichst notenfreien Tests)
  4. Konsolidierung (also Verfestigung und Routinisierung, bis die „Kunst“ wie unbewusst gelingt)

Tun Sie etwas für das Gelingen von Lernprozessen und entscheiden Sie sich!

Wir können unterstützen und günstige Rahmenbedingungen schaffen:

Wesentlich ist die Grund-Entscheidung, lernen zu wollen:

  • Wir können uns für das Lernen entscheiden.
  • Wir können für dieses Ziel Zeit reservieren.
  • Wir können dafür sorgen, dass wir in der reservierten Lern-Zeit ungestört (ohne Ablenkung) lernen können.

Man kann Lernprozesse willentlich unterstützen.

Neuere psychologische Forschungen zu den Fragen, wie wir unser Verhalten beeinflussen und erfolgreich verändern können, haben ergeben, dass außer der Motivation wesentlich der Wille zur Veränderung, zum Lernen, wesentlich ist.
Das Lehrgebiet Mediendidaktik der Fernuniversität Hagen hat dazu einen hilfreichen Test, den Volitionaler Personer Test (VPT) veröffentlich.
In 10 bis 15 Minuten können Sie online und anonym einen Fragebogen zu Ihrem Lernverhalten in herausfordernden Bedingungen ausfüllen und erhalten eine statistische Auswertung und einige Hinweise, wie Sie Ihr Verhalten verbessern können. Ich kann diese Test gerne empfehlen.

Man kann dem Gehirn das Lernen auch erschweren oder unmöglich machen.

Wir können dem Gehirn aber auch ungünstige Bedingungen für seine Lieblingsbeschäftigung „lernen“ bieten, in dem wir ihm eine Lern-Umgebung mit:

  • [Angst-]Stress
  • Druck
  • dauerhaft langweilige Inhalte (Unterforderung)
  • monotone Darstellungsform der Inhalte
  • zu viele unterschiedliche Inhalte auf einmal oder parallel (Versuch des „Multitaskings“).
    Experten raten von Multitasking ab:
    „Das Ergebnis der Studie ist ein klares Warnsignal. Wir sollten versuchen, digitales und nicht-digitales Multitasking zu reduzieren, stattdessen besser eine Aufgabe nach der anderen erledigen. Außerdem sollte man sich möglichst vor störenden Unterbrechungen schützen, und beispielsweise auch die ständige Erreichbarkeit überdenken – dies gilt praktisch für alle Situationen mit Mehrfachbelastungen – am Arbeitsplatz wie im Privatleben“.
  • Auch Schlafmangel ist ein sehr wirksames Mittel, dem Gehirn das Lernen sehr nachdrücklich zu erschweren.

Man kann ein Leben lang lernen.

Die Lernfähigkeit verändert sich im Laufe der Lebensalter, sie bleibt aber zeitlebens erhalten!
Erst der Tod beendet das Lernen.

Weiterführende Links

In dieser Website wird das Thema „lernen“ zur Zeit in drei thematischen Artikel-Reihen behandelt:
und es gibt auch Empfehlungen zur Vertiefung:
und schließlich Empfehlungen für Schülerinnen und Schüler:

entwickelt im Frühjahr 2008 und immer weiter um neue Erkenntnisse ergänzt;
zuletzt am 5. Oktober 2025       Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag

Warum der Lehrerberuf wunderbar ist: Reflexionen und Ermutigungen (Profession Lehrkraft – 24)

1. Ich gehe in einer positiven Grundstimmung, bin gerne Lehrer und habe bis zum Ende Freude am Unterrichten

Lehrkräfte haben eine wunderbare, bedeutsame, sinnvolle (manche sagen auch „machtvolle“) Aufgabe: Wir dürfen Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bei Ihrer persönlichen, sozialen und fachlichen Entwicklung begleiten.
Ende Juli 2024 beende ich meine Tätigkeit an beruflichen Schulen nach 22 Jahren. Ich möchte diese lange Zeit mit einer ermutigenden Bilanz meiner Arbeit abschließen.

Mit der Veröffentlichung dieses ausführlichen Blog-Beitrags trage ich dazu bei, die Redezeit in der Abschluss-Konferenz Ende Juli kurz zu halten.

Ich gehe mit mehrdeutigen Gefühlen: Einerseits bin ich zufrieden und andererseits ahne ich auch, dass manche Aspekte meiner aktuellen Berufsrolle mir zukünftig auch fehlen werden. Und schließlich gibt es – wie in jedem Beruf – selbstverständlich manches, auf das ich in Zukunft gerne verzichte.

2. Worauf ich zukünftig gerne verzichte

2.1 Verunsichernde und anstrengende Kursbildungen am Anfang und unangekündigte Unterrichtsausfälle am Ende des Schuljahres

  • In den ersten drei bis vier Wochen am Schuljahresbeginn musste ich regelmäßig bangen, ob Kurse eventuell nicht zustande kommen könnten, weil zu wenig Schüler*innen den Religionsunterricht wählten. Die Alternative zum Religionsunterricht war jahrelang Unterrichtsentfall und nicht das Ersatzfach Ethik. Daraus konnte sich dann Fehlstunden in meinem Deputat ergeben, das heißt, ich musste im nächsten Schuljahr nacharbeiten.
  • In den ersten vier bis fünf Schulwochen musste ich allen möglichen Listen hinterherjagen: Welche Schüler*innen gehören in meinen Kurs? Und welche gehen nach Ethik? Bleiben Schüler als sogenannte „U-Boote“, also „ducken sich weg“ und erscheinen so weder im Ethik- noch im Religionsunterricht? Wie finden und sprechen wir diese an?
  • Gegen Ende des Schuljahres gibt es vermehrt Betriebsbesichtigungen oder andere Ausflüge. Solche Unternehmungen sind sicher sinnvoll und unterstütze ich gerne.
    Ärgerlich reagiere ich allerdings, wenn die planenden Kolleg*innen es unterlassen, die auch noch betroffenen Fachlehrkräfte rechtzeitig von ihren Plänen und den Auswirkungen auf geplanten Unterricht zu informieren. So ist zum Beispiel der Versuch einer Auswertung der dreijährigen Oberstufe statt mit der Gesamtgruppe von zweiundzwanzig Personen nur mit zwei Anwesenden sinnlos. Dieser Ärger wäre leicht vermeidbar: Wenn die Information rechtzeitig kommt, kann noch umgeplant werden!

2.2 Ineffiziente Konferenzkultur

  • In schlecht vorbereiteten Konferenzen habe ich regelmäßig gelitten und es wurde manche unnötige Arbeitsstunde und Motivation „verbrannt“.
    Die meisten Konferenzen fanden im Sitzen, methoden-monoton und ohne eigene Moderation (getrennt von den Personen mit inhaltlichen Interessen) statt. Hier gibt es viele gute Ideen, wie z.B. Stehtisch-Konferenzen, rollierende Moderation oder Methoden-Vielfalt.
  • Einzelne Konferenz hätte sehr viel effizienter durch eine Informations-E-Mail ersetzt werden können.
  • Manche andere wäre durch genügend Vorinformationen (Was geschah bisher? Welchen Entscheidungsrahmen haben wir? Wer ist beteiligt? Bis wann muss die Entscheidung gefällt werden? Gibt es schon Erfahrungen mit den unterschiedlichen Modellen aus anderen Bereichen? …) deutlich effektiver geworden. Schade.

2.2 Korrekturen und neue Prüfungsformate

  • Allgemein habe ich nicht gerne korrigiert. Noch weniger gerne korrigierte ich Abitur-Prüfungen, bei denen ich in den ersten beiden Arbeitsschritten nach Fehlern suchen musste. Schlecht lesbare und lieblos hingeschmierte Schüler-Antworten zu korrigieren, war besonders herausfordernd.
  • Die neue Abiturprüfung ohne die Chance der Schüler*innen, selbst Präsentationsthemen vorzuschlagen, und jetzt mit vielen, kleinteiligen Prüfungsfragen, bewerte ich als einen bedauerlichen Rückschritt bei modernen Prüfungsformaten.

2.3 Ständige Aufgaben-Erweiterungen ohne angemessene Ressourcen-Steuerung

  • Gefühlt alle sechs bis neun Monate wurden neue pädagogische Moden, Modelle oder auch Verfahren angeregt, für die dann allerdings oft keine zusätzlichen oder ausreichenden Ressourcen bereitgestellt wurden. – Ganz nach dem baden-württembergischen Motto „Wir wolle(n) alles; darf nur nix koschde!“.
  • Überhaupt habe ich nur sehr selten erlebt, dass eine Aufgabe wegfallen konnte. Die sehr produktiven Kontroll-Fragen „Was kann ohne Qualitätsverlust unterlassen werden?“ und „Was kann statt des neuen Verfahrens wegfallen?“ wurde leider zu wenig gestellt und offensichtlich auch zu selten beantwortet.
    Die Steuerung der Belastung wird so auf die individuelle Ebene jeder einzelnen Lehrkraft verlagert.

2.4 Unangenehme Arbeitsbedingungen

  • Der ständige Kampf um Aufmerksamkeit in einer reiz- und mediengefluteten Umwelt macht es mir zunehmend schwer – am meisten in pubertierenden Mittelstufenklassen, in eine konzentrierte Unterrichtsatmosphäre zu gelangen.
    Als allgemeinbildender Lehrer habe ich den Anspruch, Texte und Gedanken-Zusammenhänge zu erschließen und zur Auseinandersetzung mit verstandenen Inhalten herauszufordern. Im Konkurrenzkampf um Aufmerksamkeit mit Spielen oder „witzigen YouTubes“, die jederzeit auf dem Handy erreichbar sind, kann ich leider eher selten gewinnen.
    Zuweilen beschleicht mich zusätzlich der Eindruck, dass die Eltern bei der Regulierung des Medienzugangs und der Medienbildung ihrer Kinder kapituliert haben.
    Aufgeben ist keine passende Option für mich und meine Vorstellung von meiner Berufsrolle. Die fortdauernde Werbung um Konzentration und Regulierung eines zielführenden Medieneinsatzes macht auf die Dauer aber sehr müde.
  • Je komplizierter und komplexer die eingesetzte Technik ist, umso mehr kann es Technik-Probleme geben: schwaches oder nicht funktionierendes WLAN, defekte Verdunkelungen in den Unterrichtsräumen, fehlende Schülerdaten im elektronischen Klassenbuch oder der Lernplattform Moodle, fehleranfällige elektronische Notenerfassungsprogramme, defekte Bildschirme und PCs, „kreative“ Änderungen der Verkabelung durch Kolleg*innen, etc.).
    Der Mulimedia-Beauftragte im Kollegium und die Kollegen aus der Netzwerkbetreuung engagieren sich stark. Dennoch kommt es immer wieder zu Ausfällen oder Defekten mit teilweise erheblichen Stör-Auswirkungen auf den Unterricht.
  • Überhitzte Klassen-, Arbeits- und Konferenz-Räume wurden in den letzten Jahren immer problematischer: Im Juni/Juli wird es in manchen Räumen im Betongebäude schon auch mal 30 Grad und mehr heiß.
    Mein Seniorenkörper hat das immer weniger gut vertragen und auch für die Schüler*innen waren diese Raumtemperaturen eine echte Zumutung. Das melden mir die Schüler*innen auch regelmäßig in den Auswertungen der Schuljahre als sehr belastend zurück.

3. Was ich an meinem Beruf geliebt habe und wofür ich dankbar bin

Ein lachendes smiley aus kleinen plastiksmilies auf einer Holzfläche

In meinen letzten Arbeitswochen verteilte ich kleine, bunte Smileys – immer wieder an Orten oder in die Postfächer von Kolleginnen und Kollegen.

Ich zeigte damit an, wo und mit wem ich es angenehm und/oder auch hilfreich empfunden hatte.

Angeregt wurde ich zu dieser Aktion durch Berichte über die Ulmer Rathausente.

3.1 Begegnungen und Beziehungen

  • In diesem Beruf konnte ich meine menschen-zugewandte Grundhaltung ausleben und bin nur selten enttäuscht worden.
  • Immer wieder junge Menschen und auch Kolleg*innen treffen und kennenlernen zu dürfen, hat meine geistige Beweglichkeit gefordert und gestärkt.
    Die Schüler*innen werde ich vermissen – fast alle!
    Und manche Schüler*innen sagten mir beim Abschied, sie würden auch mich im nächsten Schuljahr vermissen. Danke; tut gut.
  • Ich schätze Kollegialität und habe einen Kreis verlässlicher Kolleg*innen gefunden und gepflegt. Mit ihnen konnte ich mich abstimmen, reiben und weiterentwickeln. Gelegentlich wurden sie auch „meine Klagemauer“.
    Höhepunkte wechselseitiger Unterstützung waren die Jahrestagungen der Religionslehrer*innen in Hohritt und Rastatt, die pädagogische Fallbesprechungsgruppe an der Schule von 2009 bis 2023 und das vertraute Kollegium im Lehrerarbeitsraum 309.
  • Auch die Mitarbeiterinnen in der Verwaltung und die Technikfachleute waren freundlich und zielstrebig bei der Unterstützung von uns Lehrkräften.

3.2 Herausforderungen und Erfolge im Unterricht

  • Ich liebe die Herausforderung, komplexe Zusammenhänge so zu vereinfachen, dass sie verständlich sind, ohne falsch zu werden. Wenn dann „Ach-So-Momente“ möglich waren, entlohnte mich dies für die investierte Vorbereitungen und machte zufrieden.
  • Ich habe gerne (gut) vorbereiteten Unterricht gehalten und darum langfristig geplant und häufig auch schon eine Skizze der Klassenarbeit vor Unterrichtsbeginn erstellt. So sorgte ich für eine ruhige Unterrichtssteuerung und förderte meine Gelassenheit.
  • Mein konstruktivistisches Lernverständnis hat sich für mich und meinen Unterricht bewährt. (Ausgewählte Annahmen in Stichworten: Empfänger*innen bestimmen die Bedeutung der Nachricht; kommunikative Missverständnisse sind wahrscheinlicher als selbstverständliches Verstehen; Lernen ist hoch-individuell und weitgehend selbstbestimmt …). Die daraus entwickelte Unterrichtsroutine mit jeweils individuellen, persönlichen Lernzielen innerhalb der allgemeinen Bildungsplanziele war fast durchgehend erfolgreich: Die – nach anfänglichen Einwänden – doch oft motivierten Schüler*innen konnten am Ende der Unterrichtseinheiten nach den eigenen Unterrichtszielen auswerten und waren überwiegend zufrieden.

3.3 Persönliche Entwicklung und Selbstreflexion

  • Gerne habe ich die Herausforderungen im Kontakt mit anderen Menschen dazu genutzt, als Persönlichkeit weiter zu wachsen. So konnte ich im Laufe der Berufsjahre als Lehrer meinen antrainierten Perfektionismus etwas mildern.
    Inzwischen meine ich: Es ist schon gut, wenn mehr gelingt als misslingt!
    Das gilt besonders in einem Feld, in dem viel auch vom jeweiligen Gegenüber, den Rahmenbedingungen und auch der Gruppendynamik abhängt.
  • Da ich auch für die Inhalte meines Fachs und die theologischen, philosophischen, soziologischen und psychologischen Aspekte der Themen fortdauerndes Eigeninteresse entwickeln konnte, durfte ich mich in meinem Beruf mit für mich auch persönlich spannenden Themen befassen.

3.4 Gestaltungsfreiraum und Eigeninitiative

  • Die Grundliberalität an der Richard-Fehrenbach-Gewerbeschule in Freiburg wird wohl oft nicht wahrgenommen: Die Schul- und Abteilungsleitungen lassen uns Lehrkräften viel Gestaltungsfreiraum. Wer wusste, was er wollte, konnte eigene Schwerpunkte setzen.
    Das habe ich gerne genutzt – frei nach dem Motto der Rebels@Work Gründerin Anja Förster: „Frag nicht, was deine Kollegen, dein Chef, dein Unternehmen oder dein Land für dich tun können. Mach es einfach selbst!“.
  • In alle Schularten außer dem Technischen Gymnasium sind die Lehrpläne für das Fach Religion sehr offen und fordern ausdrücklich zur Berücksichtigung der Interessen der Schüler*innen auf. So konnte ich die Lerngruppen an der Themenfindung beteiligen. Immer wieder führte das auch zu Motivation und engagierter Beteiligung und schließlich auch positiven Rückmeldungen.

3.5 Anerkennung und Wertschätzung

  • Es tut einfach gut, immer mal wieder zu spüren und rückgemeldet zu bekommen, dass meine Arbeit eine Wirkung hat, sinnvoll ist und gewürdigt wird.
  • Gerne gebe ich die Anerkennung und den Dank an die Vielen auf und hinter der Bühne der Schule auch zurück, ohne deren Arbeit ich selbst nicht arbeiten hätte können oder zumindest nicht so gut:
    + die Reinigungskräfte
    + die Techniker
    + die Verwaltungsmitarbeitenden
    + die Medienzentralen im Landkreis und der Erzdiözese Freiburg
    + die Fachberater*innen
    + das Team um Holger Radenz vom AOK-Forum für schmackhafte und angenehme Mittagspausen
    + meine Männergruppe
    + alle in den virtuellen Lehrer*innen-Zimmern, ob früher auf twitter, in den verschiedenen Barcamps oder in der Blase der Edu-Blogger*innen oder aktuelle Kontakte über die Schule hinaus
    + die Kolleg*innen in der Fachgruppe, im Wohlfühlort Raum 309 und im Gesamtkollegium der Richard-Fehrenbach-Gewerbeschule in Freiburg

4. Eine konzentrierte Kurz-Version in vier Punkten

Diese Version ist meine Kurz-Ansprache auf der Abschluss-GLK am 19. Juli 2024:

  1. Als Lehrkräfte haben wir eine wunderbare, bedeutsame, sinnvolle (manche sagen auch „machtvolle“) Aufgabe:
    Wir dürfen Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bei Ihrer persönlichen, sozialen und fachlichen Entwicklung begleiten.
    Das hat mich dauerhaft motiviert.
  2. Anspruchsvolle Professionalität.
    Ich lege Wert auf anspruchsvolle Fachlichkeit und langfristige Planung. Diese Ansprüche habe ich auch auf andere übertragen. Manchmal führte das zu Reibungen. ‑ Insgesamt habe ich überwiegend gute Erfahrungen mit dem hohen Anspruch an mich als Professional gemacht und auch viele bestärkende Rückmeldungen bekommen.
    Ich habe regelmäßig in diesem Bereich reflektiert und an mir gearbeitet.
    Das hat sich gelohnt!
  3. Gepflegte Kollegialität.
    Mir tut es gut, mich mit anderen Menschen zu verbinden.
    Ich habe einen Kreis verlässlicher Menschen gefunden. Mit diesen Vertrauten konnte ich die Höhen und Tiefen des Lehrerlebens bewältigen und gemeinsam neue Sichtweisen entwickeln.
    Ich habe immer wieder Aufmerksamkeit für andere aufgewendet.
    Mir hat es gutgetan; ich hoffe Ihnen/Euch auch.
    Mein Tipp: Haltet zusammen!
  4. Lust an der Neugier und mutigem Experimentieren.
    Tatsächlich arbeite ich seit Ende 1987 in pädagogischen Feldern.
    Ich fürchte, es wäre mir langweilig geworden, wenn ich nicht ab und zu auch Neues erprobt hätte.
    Meine Neugierde auf Menschen und neue Situationen war mir dafür hilfreich.
    Im Laufe meiner Entwicklung konnte ich auch Abschied vom Perfektionismus nehmen.
    Es ist gut genug, wenn mehr als die Hälfte gelingt! Das gilt besonders in einem Feld, in dem viel vom jeweiligen Gegenüber, komplexen Rahmenbe­dingungen und auch den Gruppendynamiken abhängt.

Herzlichen Dank für die gemeinsame Zeit
und ich wünsche Euch und Ihnen viel Freude,
nachhaltige Erfolge
und stabile Gesundheit!

Quellen und Verweise

entwickelt zwischen März und Mitte Juli 2024; zuletzt leicht erweitert am 14.10.2025/13:07 h       Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag

nach Klassenarbeiten auswerten (Profession Lehrkraft – 22)

Zusammenfassung

  • Waren die Aufgaben in der Klassenarbeit so zu erwarten und zumutbar?
  • Wie haben sich die Schülerinnen und Schüler vorbereitet und welche Note erwarten sie?
  • Wie können möglicherweise ungeschickte Vorgehensweisen beim Lernen und Vorbereiten auf Klassearbeiten angesprochen und verändert werden?
  • Wie kann die Lehrkraft für mehr Lernerfolg bei den Schüler*innen sorgen?

Auswertung hilft weiter!

Klassenarbeiten und Klausuren auszuwerten, hat vielfältige Effekte

  • Schülerinnen und Schüler können Ihre Eindrücke systematisch ausdrücken
  • Möglicherweise missverständliche oder als zu schwer empfundene Aufgabenstellungen werden identifiziert
  • Lehrkräfte bekommen Rückmeldungen und können ihre Lernanregungen verbessern
  • Die Schüler*innen schätzen die Intensität Ihrer Vorbereitung ein
  • Sie legen Ihre Leistungserwartung offen
  • Langfristig können sie ihre Lernbemühungen besser steuern.

Meine vormalige Praxis

Schon seit längerer Zeit ließ ich die Schüler*innen vor der Rückgabe der Klassenarbeiten eine Selbsteinschätzung notieren. Manche mochten das nicht. Ich hielt es dennoch für zielführend.

Nach der Besprechung des Erwartungshorizontes forderte ich sie zu einem Vergleich mit der tatsächlichen Leistungsbewertung auf.
Wenn es eine deutliche Abweichung gab, sollten sie sich über mögliche Erklärungen Gedanken machen und diese möglicherweise auch mit mir besprechen.

Besonders bei kräftigen Abweichungen oder fehlenden Erklärungen, war mir ein Austausch wichtig: Wie lernen sie im und nach dem Unterricht und vor der Klassenarbeit? Wie könnten bessere Leistungen erreicht werden? wie konnte ich meine Lern-Anregungen verbessern?

Durch Kollegen Spitau angeregte Weiterentwicklung meiner Praxis

Der Kollege Marcel Spitau hatte einen Fragebogen ausgegeben und ihn nach der Rückgabe mit den Schüler*innen besprochen.

Seinen Fragebogen habe ich inzwischen mehrfach weiter entwickelt, angereichert und graphisch aufbereitet.

Inzwischen habe ich die Vorgehensweise, diesen Fragebogen (für die Mittelstufe in der Du-Form) an die Klassenarbeit anzuhängen. Die Schüler*innen sollen sich drei bis fünf Minuten am Ende der Klassenarbeit nehmen und den Bogen spontan ausfüllen.

Mit der Rückgabe der Klassenarbeiten liefere ich auch eine Auswertung und bespreche diese.

Anschließend werden die Schüler*innen dann zu Deutung der möglichen Differenz zwischen der erwarteten und der tatsächlichen Leistung aufgefordert.

Abschließen lade ich sie ein, Ihre Ziele zu formulieren. So kommen die Schüler*innen zunehmend mehr in die Selbstverantwortung für ihre Leistungen.

Mit diesem erweiterten Verfahren habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht.

Wer hat Erfahrungen mit solchen oder ähnlichen Verfahren?

Bin sehr an kollegialem Austausch interessiert!

Welche Vorgehensweise haben Sie?

Weiterführende Links


ursprünglich entwickelt im Juni 2017; zuletzt bearbeitet am 16.06.2024       Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag

Selbstorganisation und Ablage

Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte haben die große Chance und Aufgabe, einen Teil ihrer Arbeitszeit selbst zu organisieren.

Ich rate hier allen , diese Chance zu ergreifen:
Eine für sich selbst passende Selbstorganisation mit funktionierender, intelligenter Archivierung von Material und Unterrichtsdokumentationen
zu entwickeln, lohnt sich auf Dauer ganz sicher.

Für mich gehört zur Selbstorganisation:

  1. Ziele entwickeln und deren Umsetzung planen
  2. Zwischenreflexionen (möglichst mit Feedbacks)
  3. Ein Ablage- und Archiv-System entwickeln und diese Ordnung konsequent umsetzen

Ideen zu Selbststeuerung:

  • Ziele finden und deren Umsetzung planen
    „Wer nicht weiß, wohin die Reise gehen soll, für den ist jeder Wind der falsche.“
    Diese Segler-Weisheit gilt für viele Bereiche der planvollen Arbeit.
    Wenn ich meine Ziele formuliert habe und die Umsetzung tatsächlich anstrebe,  so sind als nächstes erste Schritte zu planen.
    (Ich rate ja nachdrücklich zu einem eigenen Konzept der Arbeit; z. B. hier.)
  • Zum Thema „Ziel- und Zeit-Management“ gibt es Berge von Hilfestellungen und Theorien. Jenseits aller Wettkämpfe um die beste Organisation der Ziele, Zeiten und Aufgaben erscheint mir die Entscheidung für die tatsächliche Umsetzung ein wesentlicher Punkt zu sein.
    Meine Erfahrung:
    Anfangen
    und die Mittel nach persönlichem Interesse und persönlichen Vorlieben und Rhythmen weiter entwickeln, hat sich bei mir selbst bewährt. [vertiefend lesen Sie hier]
  • Kein vernünftiger Mensch würde ein großes Projekt (Reise, sportliches Leistungstraining etc.) ohne Zwischen-Reflexion und Angleichung der Verfahren bestreiten wollen.
    Im Bereich der geistigen Arbeit ist diese Zwischenreflexion sicher genau so wichtig. – Manchmal sogar noch wichtiger, weil wir sonst erst am Ende des Unterrichts oder gar erst bei der Prüfung entdecken, was verbesserungsbedürftig gewesen wäre. Dann ist diese Einsicht manchmal eher tragisch, weil zu spät und nicht mehr zu ändern.
    Ich empfehle Zwischen-Reflexionen nach ungefähr drei Monaten, also in der Hälfte des Schulhalbjahres und am Ende (eines Projektes).

Erste Ideen zu einer systematischen Ablage und einem für Lehrer/innen passenden Archiv-System

  • Die Datenmenge wächst ständig. Wer einmal einen Unterricht (für Lehrer/innen) oder eine Zusammenfassung des Lernstoffs (für Schülerinnen und Schüler) entworfen hat, möchte dieses Ergebnis wieder finden.
    Entwürfe, Zusammenfassungen oder Kopiervorlagen zu suchen, bedeutet für mich sinnlose Vergeudung von Zeit und Energie.
    Ein einfaches, intelligentes und passendes System für die Ordnung zu haben und anzuwenden, spart Zeit und Ärger.
  • Ich habe entdeckt, dass für mich als allgemeinbildender Lehrer eine Ablage nach inhaltlichen Schlagworten sinnvoller und beständiger ist, als die Systematik des derzeit gültigen Lehrplans zu übernehmen:
    Lehrpläne ändern sich immer wieder, inhaltliche Zusammenhänge wesentlich seltener. Sowohl in der Verzeichnis-Struktur meines Rechners als auch in den Archiv-Ordnern für Material und ausgedruckte Unterrichtsentwürfe verfolge ich dieses Verfahren seit nunmehr neunzehn Jahren und habe gute Erfahrungen damit.

Meine Empfehlungen für eine Struktur der Ablage im PC

  • Geben Sie Ihrer Ablage (auch im PC) eine eindeutige und überzeugende Ordnung, die zu ihnen selbst passt und setzen sie diesen eigenen Standard konsequent um.
  • Meine Systematik für die Benennung der Dateien: Zuerst die Nummer der Lehrplaneinheit, dann die Stunden-Nummer, anschließend der Buchstabe für die Art des Materials (UAP = Unterrichts-Ablauf-Plan, F = Folie, AB = Arbeits-Blatt, M = Material). Dann folgt ein möglichst aussagefähiger Kurz-Titel.
    Es lohnt sich, sich einmal eine (eigene) Grundordnung für die Benennungen auszudenken und diese dann konsequent einzuhalten.
  • Überprüfen Sie die Ordnung regelmäßig zum Ende des Schuljahres und räumen Sie Ihn Verzeichnisbaum und Ihre Dateien regelmäßig zum Start in das neue Schuljahr auf.
    (Ihre Küche und Ihren Schreibtisch ordnen Sie ja wohl auch regelmäßig.)

Hier einige Beispiele

… für Lehrkräfte

finden Sie gebündelt auf der download-Sammlung für Lehrkräfte

… für Schülerinnen und Schüler

empfehle ich die Anfertigung von Themen-Ordner und entsprechend eine Verzeichnis-Struktur nach Themen auf dem PC.
Ganz wichtig finde ich, die jeweiligen Prüfungen von Anfang an aktiv zu beachten und Informationen dazu in einem eigenen Ordner im PC zu speichern.

Merkspruch und Appell an die Konsequenz: Suchen mögen nur wenige! Finden hebt die Laune.

Interessante Links:

im Frühjahr 2010 entwickelt,
immer wieder und zuletzt leicht bearbeitet am 5.10.2025       Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag

Prüfungen – als Ernstfälle des Lernens – gut vorbereiten

Jetzt wird offensichtlich

  • was ich gelernt habe
  • wie gründlich ich gelernt habe
  • ob ich verstanden habe
  • und wie nachhaltig ich mir die wesentlichen Punkte merken konnte.

Die meisten Menschen haben ein beklemmendes Gefühl oder auch Angst vor Prüfungen. Das hängt wohl auch mit untauglichen Lern-Versuchen und den entsprechenden schlechten Erfahrungen zusammen. – Die gute Nachricht: Diese Angst ist begrenzbar, wenn rechtzeitig, regelmäßig und systematisch gelernt wird.

Prüfungen können schließlich tatsächlich auch Freude machen: Endlich darf ich zeigen, was ich kann und wie gut ich es kann!

Solche guten Erfahrungen wünsche ich Ihnen!

1. Vorbereitung einer schriftlichen Prüfung (z. B: Abitur)

  • Ich rate dazu, sich rechtzeitig über den vorgesehenen Stoff zu informieren.
  • Außerdem sind die auch die formalen „Spielregeln“ wichtig:
    Bedarf es einer Meldung? Müssen Voraussetzungen für die Zulassung zur Prüfung vorgewiesen werden?
  • Manche Vorbereitungen sind fachspezifisch: Zum Beispiel müssen die Operatoren gelernt werden, also die Signalworte in den Aufgaben, die mir mitteilen, was ich zu tun habe.
    Für das Fach katholische Religion sind die Operatoren hinter diesem Link auf den Seiten 12 bis 14 zu finden.
  • Schließlich ist eine geplante Vorbereitung sinnvoll.
    Diese muss rechtzeitig beginnen und sollte auch Zeit-Puffer für Unvorhersehbares (Krankheiten oder andere wichtige Ereignisse) enthalten.
  • Es gilt der Grundsatz, dass die Methode der Prüfung auch ein Schwerpunkt in der Vorbereitung sein sollte: Zu schriftlichen Prüfungen sollten Sie also auf jeden Fall handschriftlich schreiben! Achten Sie darauf, dass Sie tatsächlich handschriftlich schreiben, denn bisher werden kaum pc-gestützte Prüfungen abgenommen. (Wäre doch schade, wenn Sie in der Prüfung von Hand- und Armkrämpfen abgelenkt würden!)

2. Vorbereitung einer mündlichen (Abitur-) Prüfung

Ab 2024 hat das mündliche Abitur in Baden-Württemberg eine neue Form!

Die Prüflinge bekommen eine mehrstufige Prüfungsaufgabe, haben 20 Minuten Vorbereitungszeit und sollen dann einen zusammenhängenden Prüfungsvortrag entlang der gestellten Aufgabe von 10 Minuten halten.

Anschließend werden Sie weitere 10 Minuten von der Prüfungskommission befragt.

Mein Rat: Vortragsversatzstücke vorbereiten

Klug ist es, sich Versatzstücke für Prüfungsvorträge vor der Prüfung zu überlegen, weil es in der Regel nur sehr begabten Schülerinnen und Schülern gelingen wird, in 20 Minuten einen ausgezeichneten 10-minütigen Vortrag vorzubereiten.

3. Tipps für gute Präsentationen

Führen Sie mehrere „Test-Läufe“ Ihrer Präsentation durch.

  • mit mp3-Aufnahme
  • eventuelle auch mit Video-Aufnahme
  • und vor realem Publikum.

Achten Sie auf möglichst freie Rede und auch auf eine angemessene Sprechgeschwindigkeit und die Zeit.

Bitte auf keinen Fall auswendig Gelerntes herunter leiern! – Lassen Sie eine Uhr mitlaufen.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und das nötige Quäntchen Glück!

Weiterführende Link-Tipps

ursprünglich entwickelt am 3. Mai 2014;
zuletzt bearbeitet am 25. März 2024       Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag

anspruchsvoll entscheiden: systemisch konsensieren

Kurzfassung

  • Mehrheitsentscheidungen führen immer wieder zu unangenehmen Wirkungen. Machtspiele sind lästig und langfristig schädlich, zum Beispiel, weil sich weniger mächtige als „Verlierer und Verliererinnen“ empfinden.
  • Immer den Konsens in einem Gespräch zu suchen, kann anstrengend sein!

Ein pfiffiger Perspektiven-Wechsel führt zu unerwartet hoch akzeptierten Lösungen: durch „konsensieren“.

Mehrheitsentscheidungen haben deutliche Nachteile.

Immer wieder wird begründet bezweifelt, ob die üblichen Mehrheitsentscheidungen günstig sind, denn es gibt häufig „Verlierer“ oder taktisch Unterlegene.

Dank an den Hinweisgeber

Im Januar 2017 wurde ich durch meinen aufmerksamen, ständig neue Ideen findenden Freund Gunnar Thörmer auf eine interessante Alternative aufmerksam:

Das SK-Prinzip oder „konsensieren“

Im privaten Bereich und in kleinen Gruppen geben wir uns normalerweise Mühe, eine für alle Beteiligten akzeptable Lösung – also einen guten Konsens – zu finden. Die Schäden an den Beziehungen wären sonst einfach zu hoch.

Wie kann dieses Prinzip auch für größere Gruppen mit verträglichem Aufwand angewendet werden?
Wir suchen auch dort Lösungen, die für die allermeisten Fälle ohne „Verlierer“ oder „Überstimmte“ ausgehen könnten.

Der Dreh: Die Perspektive wird auf die Widerstände gegen die einzelnen Optionen gewendet. Das heißt, die normalerweise schwarz-weiß unterscheidende Mehrheitswahl wird in Stufen aufgebrochen.
Jede Lösungsmöglichkeit wird nach „Widerstand“ auf einer Skala von
00 (ohne Widerstand = eine mögliche Ja-Stimme im Mehrheitswahlmodus) bis
10 (geht gar nicht = mögliche Nein-Stimme im Mehrheitswahl-Modus)
bewertet und anschließend verrechnet.

Vorteile

  • In einer ersten Zwischenphase können weitere Lösungen oder Lösungsvarianten vorgeschlagen werden. Damit ergibt sich eine deutliche Steigerung der Beteiligungsmöglichkeiten.
  • Der Charme dieser Vorgehensweise ist, dass man mit diesem Verfahren mehrere Ja- oder Nein-Stimmen und auch noch alle Abstufungen dazwischen zu allen zur Auswahl stehenden Möglichkeiten abgeben kann.
  • Die Konsens-Lösungen werden sehr gut von allen aus der Entscheider-Gruppe akzeptiert.
  • Allermeist gibt es keine „Verlierer“; alle sind am erfolgreichen Konsens beteiligt. (Manchmal ist eine Moderation sinnvoll.)
  • Der Fokus wird durch das Verfahren auf kreative und sinnvolle Lösungen und weg vom reinen Macht-Erhalt verschoben. (Darum kann man das Verfahren mit Recht „systemisch“ nennen.)

Nachteile

  • Das Verfahren entspricht nicht unseren eingeübten Wege und Erwartungen. Es bedarf einer Hin- und Einführung.
  • Es ist aufwändig (zeitlich und inhaltlich).
  • In den meisten Geschäftsordnungen von Entscheidungsgremien sind Mehrheitsentscheidungen als Standard-Verfahren festgelegt. Daher muss nach dem Konsensieren noch ein formaler Mehrheitsbeschluss über die einvernehmlich gefundene Lösung herbeigeführt werden.
    (Das sollte dann auch kein wirkliches Problem mehr darstellen.)

Ein leistungsfähiges – und kostenpflichtiges – online-Tool

Meine ersten Tests in 2017 mit https://www.konsensieren.eu/de/ sind positiv verlaufen. Inzwischen habe ich das Verfahren vielfach erproben. Beispielsweise wurde es bei Entscheidungen über Wahl-Themen im Unterricht einsetzt. Manchmal waren allerdings entweder das Schulnetz oder die Server des Anbieters – oder gar beide – überfordert,

Seit einiger Zeit gibt es ein leistungsfähigeres und intuitiv nutzbares Nachfolge-Werkzeug:
acceptify

Noch einige, wenige Tipps für den Admin / den Anlegenden:
  • Ich arbeite in der Regel mit wenig Sicherheit und hoher Anonymität, d.h. mit öffentlichem Link und ohne Anmeldung via Email-Adresse.
    Das setzt ein gewisses Vertrauensverhältnis unter den Teilnehmenden voraus.
  • Legen Sie bitte fest, dass das Ergebnis schon vor Ende des Bewertungszeitraumes sichtbar wird!
  • Ich finde es sinnvoll, die sogenannte „Passivlösung“ auszuschließen, also die Teilnehmer*innen zu nötigen, sich die Mühe der Positionierung auch wirklich zu machen.
  • Oft bitte ich die Teilnehmenden, auf Fragen und Variationen der Themen zu verzichten und kläre die Alternativen vorher. Das spart Zeit und schränkt ein.

Weniger komfortabel und optisch anspruchsvoll und genauso wirksam sind andere Tool

Selbst arbeite ich z.B. mit mentimeter.com.
Nur die Überschrift wird entsprechend angeglichen und es wird nach Widerstand gefragt.

Update März 2024: ein neues, kostenfreies Werkzeug https://konsens.it/de/

Dazu einige wenige Tipps:

  • In jedem Fall sollten Sie einen Phasen-Code festlegen, um später den Zeitraum für die Entscheidungsphase ändern zu können und ein (unabsichtliches) Löschen der Frage zu vermeiden.
  • Man kann die Vorschlagsphase auf diesem Weg (durch Eingabe des Phasencodes) ebenfalls zu einem eigens bestimmenten Zeitpunkt beenden.
  • Wenn eine anonymisierte Umfrage angestrebt ist, sollten die Teilnehmenden zur Eingabe von Phantasienamen aufgefordert werden, sonst kann nach der Abstimmung den Namen das Abstimmungsverhalten zugeordnet werden.

Weiterführende Links

ursprünglich veröffentlicht im Januar 2017;
zuletzt überarbeitet am 14.03.2024 / 14:41 Uhr       Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag

Wie lernen Schülerinnen und Schüler?

Grundsätzlich lernen Schülerinnen und Schüler wie alle anderen Menschen auch:

Was wir

  • aktiv (mindestens mit Anteilnahme, besser mit Begeisterung)
  • mit Verständnis (hilft, leichter zu lernen und das Feedback zu verstehen)
  • immer wieder tun (Übung hat tatsächlich Sinn!)
  • und wiederholen, üben, wenn wir es vergessen haben (fachsprachlich „konsolidieren“, also verfestigen),

das lernen wir und behalten es für längere Zeit.

Dann gibt es einen Bereich, der typisch für die Schule ist.

Seit einigen Jahren beobachte ich Schülerinnen und Schüler und finde immer wieder ähnliche Verhaltensweisen.
(Erstaunlich: Viele Erwachsene
– auch Lehrkräfte – verhalten sich in Fortbildungen und auf Konferenzen über neue Inhalte sehr ähnlich.)

  • Oft wird Mehreres parallel zum Lernen versucht
    (sich unterhalten, eine Nachricht/sms/Zeitschrift lesen, ICQ, Musik hören …)
    Wir wissen, dass „Nebentätigkeiten“ unsere Lernleistung verlangsamen oder gar hemmen.
  • selten schreiben (oder zeichnen) die Zuhörer/innen selbstständig mit
  • noch seltener werden Nachfragen gestellt oder aktiv Zusammenhänge hergestellt oder erfragt und notiert
  • kurzfristige Lernstrategie nach dem ineffektiven „Kellner-Prinzip“ Kurz vor Klassenarbeiten oder Prüfungen bricht Hektik und Stress aus: Es wird versucht, möglichst viele Inhalte in möglichst kurzer Zeit (oft nur in der Nacht vor der Arbeit oder der Prüfung) aufzunehmen und „zu lernen“. – [Ein Tafelbild dazu sehen sie hier.]
  • Das ist typische „Saison-Arbeit“ nach dem „Kellner-Prinzip“ (Nach der Begleichung der Rechnung sollte die Bedienung diese Rechnung vergessen und sich auf Neues konzentrieren. So ähnlich verfahren solche Schüler/innen mit ihrem Stoff: Sie vergessen sehr schnell wieder!)
    Die Mehrheit der so verfahrenden bekommt den Eindruck, das würde funktionieren. Leider bleiben die Inhalte aber nur sehr kurz im Kurzzeit-Gedachtnis, um dann wieder verloren zu gehen.
    Ich meine: Viel zu viel Aufwand für einen viel zu kurzfristigen und schnell verpuffenden „Ertrag“!
    Wer langfristig tatsächlichbetwas lernen möchte, sollte sich nach anderem Lern-Verhalten umsehen. Anspruchsvolle Inhalte oder komplexe Zusammenhänge werden so sicher nicht begriffen oder gerlernt.

Zusammenfassend:

  • Oft herrscht ein passives Verhalten bei der Stoffaufnahme vor und die Aufmerksamkeit ist abgelenkt.
  • Die eigentliche Lerntätigkeit soll ganz schnell geschehen.
    Dadurch kann sich der Stoff nicht einprägen. Unser Gehirn benötigt Zeit zum Lernen!
  • Es wird kaum (systematisch) wiederholt.
    Dadurch wird der neue Stoff nicht fest verankert und daher leider bald wieder vergessen.
Bild eines menschliches Gehirns vor schwarzem Hintergrund

Für den Kundigen ist leicht nachzuvollziehen, dass Lernen so kaum Freude machen und oft auch nicht erfolgreich sein wird. Zumindest werden die Inhalte nicht langfristig gelernt.

Es gibt die Möglichkeit, dem eigenen Gehirn eine echte Chance zu geben, in dem wir es sozusagen „nach Gebrauchsanweisung“ nutzen.

Lernen Sie so, wie es diesem großartigen und eigentlich sehr leistungsfähigen und -willigen Organ auch entspricht.

Grundlage ist allerdings, dass Sie sich in einer vertrauensvollen Atmosphäre für das Lernen-Wollen entschieden haben und etwas dafür tun wollen, denn Lernen ist eine individuelle Tätigkeit und kann nur aktiv gelingen.
So wird niemand den Sportler ernst nehmen, der nicht regelmäßig trainiert.
Von geistigen Tätigkeiten wollen wir aber gerne annehmen, dass diese ohne Übung gelingen. Das ist eine Täuschung, der dann sehr oft die Ent-Täuschung folgen wird.
Zu diesem Punkt gehört dann auch die Mühe, sich selbst zu motivieren (oder wenigstens zu disziplinieren: Ich habe mich zum Beispiel dafür entschieden, eine Sprache zu lernen. Das wird nur gelingen, wenn ich regelmäßig Vokabeln lerne, wiederhole und schließlich die Anwendung in der gehörten, gelesenen oder auch geschriebenen Sprache übe.).
Auch eine Vertrauensbasis zwischen Lernenden und Lehrenden ist eine Hilfe für den Lern-Erfolg.

Hinweis auf einen kurzen Theorie-Input: „Vier Säulen des Lernens“

Bent Freiwald, der Bildungsreporter aus krautreporter.de hat knapp und fachlich kundig zusammengefasst, was unser Gehirn zum Lernen benötigt:

  1. Aufmerksamkeit
  2. Neugier, also wissen wollen
  3. produktive Rückmeldung (= möglichst individuelles Feedback, nach möglichst notenfreien Tests)
  4. Konsolidierung (also Verfestigung und Routinisierung, bis die „Kunst“ wie unbewusst gelingt)

Meine Empfehlung: Drei Schritte zum Lernerfolg

Je aufmerksamer, aktiver und beteiligter die Schülerinnen und Schüler im Unterricht sind, umso mehr und nachhaltiger werden sie auch lernen. Ich empfehle ein bewährtes, dreistufiges Verfahren:

1. im Unterricht Stichworte mitschreiben und Ränder lassen

mehr in: Arbeitsblatt L1 – Grundlagen der Gehirnfunktionen zum Lernens

2. jeden Unterricht kurz nach dem Spickzettel-Prinzip schriftlich nacharbeiten

mehr in: Arbeitsblatt L2 – Mitschriften nach dem Spickzettelprinzip nacharbeiten

3. aktiv (schreibend und sich selbst testend) wiederholen, wenn 50 % des neuen Stoffs vergessen wurde.

mehr in: Arbeitsblatt L3 – Dem Vergessen widerstehen: Wiederholen und Achtung Fallen

tl;dr oder Ultra-Kurzversion

Meine eigene Erfahrung und meine Behauptung:

  • Mit diesem System lassen sich schulische Leistungen durchschnittlich ungefähr um eine Schulnote verbessern.
  • Der Stress vor Klassenarbeiten und Prüfungen wird vermieden. Sehr oft wird gar nicht mehr Zeit und Energie benötigt, sondern die Lern-Tätigkeiten werden nur plan- und sinnvoller durchgeführt.
  • Lernen kann richtig Spaß machen! Die Freude am Lernen wird sich einstellen, wenn es erfolgreich geschieht.
    Damit der Spaß am Lernen eintritt, kann die Lehrkraft mit realistischem Lob unterstützen.

Zur Unterstützung von Lehrkräften für eine planvolle Vorgehensweise zur Unterstützung der Lernkompetenz der Schülerinnen und Schüler empfehle ich die Teilnahme an einer Gruppensupervision für Lehrkräfte. Wenn eine wechselseitig unterstützende Haltung der Lehrkräfte eingeübt wurde, kann eine regelmäßige kollegiale Beratung hilfreich sein.

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Drei Tipps für Lehrkräfte:

  • Eine erproble Unterrichtsmethode: Vierfach effektiv lernen (eine gehirngerechte, schüleraktive Wiederholungs-Methode für den Unterricht – mit Anklängen an active recall – auch schon, bevor ich wusste, wie man neuerdings dazu sagt. )
  • zur Text-Reihe Profession Lehrkraft
  • Die Artikel-Reihe zur Schul-Entwicklung, besonders der dritte Text “ Schule verbessern (3): nachhaltig lernen lehren (These: Die Form der Klassenarbeiten hat auch eine wesentliche Bedeutung für das Lernverhalten der Schüler/innen. Langfristiges und damit nachhaltiges Lernen der Schüler hängt auch von der Unterrichtsgestaltung durch die Lehrer/innen ab!)

entwickelt im Frühjahr 2008 und immer weiter um neues Wissen ergänzt;
zuletzt am 15. November 2025/17.17 h      Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag

Profession Lehrkraft (4): Unterrichtsstörungen und Chaos im Klassenzimmer begrenzen

Zur Professionalität von Lehrkräften zähle ich

  • persönliche Kompetenz (persönliche Bewusstheit, Selbstreflexivität, Lernbereitschaft, Kommunikations- und Konfliktfähigkeit und Glaubwürdigkeit)
  • ausgewiesene Fachkompetenz für die unterrichteten Fächer
  • pädagogische Kompetenz (Zielgerichtetheit des pädagogischen Verhaltens auf dem Hintergrund eines eigenen pädagogischen Konzeptes)

Zurecht werden Schulen kritisiert, wenn Unterricht nicht stattfindet oder statt dessen Chaos im Klassenraum herrscht.

Regelmäßig nehmen Medien sich der Themen Unterrichtsstörungen, fehlender Lernbereitschaft von Schüler-Gruppen und der Ohnmacht einzelner Lehrkräfte an. So zeigte das Magazin Panorama im Ersten Deutschen Fernsehen am 5. Juli 2007 erschreckende Ausschnitte aus Video-Clips, die im Internet über Youtube frei zugänglich waren. Zwischenzeitlich ist die Paorama-Sendung vom 5. Juli 2007 nicht mehr im Netz zugänglich. Das Manuskript der Panorama-Sendung steht leider auch nicht mehr zur Verfügung.

Zusammenfassend einige Eindrücke zu solchen Szenen:

  1. Es ist uangenehm laut im Klassenraum.
  2. Die Persönlichkeitsrechte der Beteiligten werden in den ursprünglichen Videos missachtet, denn jeder Mensch hat ein Recht darauf, mitzubestimmen ob und wie man Filmaufnahmen von ihr/ihm machen darf. – Im von Panorama ausgestrahlten Video wurden die Gesichter aus diesen Gründen unkenntlich gemacht. – Viele Schulen ergänzen derzeit Ihre Schulordnungen und verbieten Aufzeichnungen vom Unterricht ohne Genehmigung noch einmal ganz ausdrücklich.
  3. Die Schulordnung wird krass missachtet: Es wird durcheinander gesprochen, gepöbelt und geraucht. Jeder tut, was gerade einfällt.
  4. Man kann Schülerinnen und Schüler dabei beobachten, wie sie jeden Unterricht unmöglich machen.
  5. Man kann ohnmächtige oder teilnahmslose, das heißt wirkungslose Lehrer beobachten.
  6. In diesem Chaos ist offensichtlich kein vernünftiges Lernen möglich.
  7. Update: Inzwischen fällt mir auch die Beziehungslosigkeit zwischen allen Beteiligten auf.

Bemerkenswert finde ich dabei,

  • dass solche Filmausschnitte große Aufmerksamkeit bekamen (über 89.200 Klicks; Stand: 7.11.2008)
  • dass dieses Video unter „fun“ bei isnichwahr.de verlinkt ist, also als „lustig“ bewertet wird
  • dass die zuständigen Leitungen von Schulen und Schulaufsicht diese „Fälle“ herunterspielen und ausweichend reagieren
  • dass in diesem Video-Ausschnitt und der zugehörigen Kommentierung des Redakteurs und in einer Bemerkung des Psychologen Prof. Dr. U. Schaarschmidt der Eindruck nahe gelegt wird, dies sei der „Normalfall“. –
    Hier widerspreche ich energisch: In meinem Erfahrungsbereich sind solche Zustände absolut undenkbar!
    Allerdings kommen immer wieder Klassen-Situationen vor, in denen Kolleg/innen und ich entstehendes Chaos begrenzen und unterbinden müssen.

Auf eine so extreme Unterrichtsstörung muss man nachdrücklich reagieren!

Solche Situationen sind oft das Ende einer langen, mühsamen und erfolglosen Geschichte von Lehr-Lern-Bemühungen.

Ich behaupte: Szenen dieser Art sind nicht der Normalfall von Unterricht – auch nicht an den angeblich so „schwierigen“ Berufsschulen.
(Ich unterrichte selbst an einem technischen Berufsschulzentrum in Freiburg und weiß, wovon ich schreibe!)

Andererseits kann ich mir aus meinen Erfahrungen als Lehrer-Coach gut vorstellen, wie sich solche Situationen im Laufe der Zeit bei einzelnen Lehrerinnen und Lehrern und einzelnen Klassen entwickeln und zuspitzen können.

Ist es erst einmal zu solch chaotischen Verhältnissen gekommen, ist Veränderung dringend notwendig.
Allerdings ist ein Umgestaltung solcherart eskalierter Situationen mühsam.

Was kann eine Lehrkraft in einem solchen Umfeld tun?

  • Allein kommen Lehrpersonen in solchen Problem-Lagen nicht mehr weiter.
    Hier sind das Klassen-Lehrer-Kollegium, die Schulleitung und die Schulbehörde – als verantwortliche Leitungsinstanzen – gefordert.
  • Außerdem ist externe Hilfestellung von sozialpädagogischem und psychologischem Fachpersonal, besonders Schulsozialarbeitern gefragt.
    (Leider wird an dieser Stelle immer noch gespart. Es ist nach meiner Erfahrung und Bewertung eindeutig die falsche Stelle!)
  • Den betroffenen Lehrkräften ist dringend persönliche Hilfestellungen von Fachpersonen zu wünschen, denn solche Erlebnisse sind hoch belastend für die Betroffenen.
    Ein erster Schritt dazu kann kollegiale Beratung, eine Supervision, ein Coaching oder auch eine Gruppensupervision für Lehrkräfte sein.

Weitere Aspekte von möglichen Unterrichtstörungen

  • Je größer Klassen sind, weil wieder „gespart“ wird, und je unterschiedlicher und/oder „schwieriger“ die Geschichte der einzelnen Schülerinnen und Schüler ist, um so wahrscheinlicher kann eine Klasse sich so entwickeln, dass Unterricht in diesem Rahmenbedingungen zumindest anstrengend, wenn nicht unmöglich wird.
  • Je weniger Eltern und andere Erziehungsinstanzen vor den Schulen erfolgreich waren, um so mehr Erziehungsarbeit bleibt den Lehrkräften – unter Beibehaltung Ihres inhaltlichen Unterrichtsauftrags.
  • Wenn Lehrkräfte in ihrer Rolle zunehmend verunsichert werden und zu diesem Themenbereich keine oder wenig kollegialer Austausch und wenig hilfreiche Fortbildungsangebote – auch Supervisionen oder Coaching – angeboten werden, reagieren Lehrerinnen und Lehrer auch wahrscheinlicher ungünstig, zum Beispiel eskalieren statt überlegt und entschieden zu korrigieren.
  • Manche Unterrichtsstörung ist auch ein Hinweis auf Veränderungsbedarf.
  • Statt einzelne Personen (Schülerin, Schüler oder Lehrerin oder Lehrer) dafür verantwortlich zu machen, kann es auch sehr sinnvoll sein, nach dem „Aussagewert“ oder der Nachricht hinter der als „gestört“ wahrgenommenen Situation zu suchen. – Oft benötigen Betroffene, um dies sehen zu können, einigen Abstand und Entlastung. – Reflexionen in kollegialen Gesprächen, kollgialen Beratungen und auch Supervision/Coaching sind dazu hilfreich.
  • Dazu zähle ich auch die zunehmende Heterogenisierung der Schülergruppen über kulturelle Vielfalt. (Zum Beispiel kommt es zu einem kulturellen Zusammenstoß, wenn arabisch-stämmige, junge Männer mit einer weiblichen Lehrkraft konfrontiert werden und lernen müssen, dass im westlich geprägten Deutschland auch Frauen mit Männern gleichberechtigte Leiterinnen von Unterricht oder Betrieben sein können. – Dazu fällt uns in der Lehrerschaft oft noch wenig ein!)
  • Es gibt immer noch viel zu wenig „bewegte Pädagogik“, also die Durchlässigkeit der Unterrichtssituationen für den natürlichen Bewegungsdrang der Schüler*innen.
  • Aktuell dazu: Bent Freiwald in krautreporter.de „Warum Kinder in der Schule nicht stillsitzen sollten. – Es schadet nicht nur ihrer Gesundheit, sie lernen deshalb auch schlechter.“

Es gibt schon hilfreiches und anregendes Material zur Vorbeugung von Unterrichtsstörungen. Einige Beispiele:

Beziehungsaufbau im pädagogischen Zusammenhang ist wesentlich für gelingendes Lernen.
Ein eigenes Unterrichtskonzept ist sehr hilfreich für klare Kommunikation und Reflexion.
Ein zur Lehrer-Persönlichkeit passendes Methoden-Repertoire ist sicher hilfreich. Beispielhafte, methodische Anregungen gibt es vielfältig, z. B. auch auf Seiten von Universitäten, hier der in Köln.
Dieser Text gehört zur Text-Reihe Profession Lehrkraft

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wesentlich entwickelt im November 2008;
zuletzt überarbeitet am 14.11.2025      Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag

Warum Lehrkräften Gruppensupervision zu empfehlen ist

Viele Lehrkräfte (Lehrerinnen und Lehrer, auch Dozentinnen und Dozenten)  lieben ihren Beruf und sind glücklich.

Vielleicht sind manche

  • angestrengt, manchmal gesundheitlich gefährdet
  • zu einem typischen Einzel-Kämpfer-Arbeitsstil eingeladen
  • jenseits der fachdidaktischen Fragen alleine und haben wenig qualifizierte Austausch- und Unterstützungs-Gelegenheiten.

Ich wünsche allen Lehrkräften sichere Erfolge und Berufszufriedenheit, Entlastung und ein kollegiales Netzwerk zur Unterstützung und zum Austausch.

Meine Einfälle zum „Einzel-Kämpfer-Modell“

  1. In den meisten Ausbildungen zu Lehrkräften spielen „Lehrproben“ in unterschiedlicher Form eine entscheidende Rolle.  –
    Das kann bedeuten, dass die Erinnerung an unangenehme Erfahrungen dieser Art die Bereitschaft von Lehrkräften, sich bei der Unterrichtsarbeit beobachten zu lassen, deutlich gemindert hat.
    Genau dies erzählen mir viele Lehrerinnen und Lehrer (in Ausbildung oder auch langjährig erfahrene).
  2. Herkömmlicher Unterricht wird fast ausschließlich von einer Lehrkraft alleine geleitet. –
    Da liegt der (Kurz-)Schluss nahe, ihn auch ganz alleine vorzubereiten.
  3. Die Regulierungsdichte im Umfeld der Schule ist sehr hoch. –
    Im Unterricht wollen sich Lehrkräfte nicht auch noch nach anderen Personen – zum Beispiel an Kolleg*innen – orientieren.
  4. Bei einer nicht unerheblichen Anzahl von Lehrkräften nehme ich eine Scheu wahr, „noch nicht ganz fertigen Unterricht“, also Unterrichtsideen, die noch weiter entwickelt werden können, an andere weiter zu geben oder diesen zu zeigen. –
    Im hoch verdichteten Alltag des Unterrichtens an Schulen (mit 25 bis 28 Wochenstunden Unterrichtsverpflichtung) ist es unmöglich, jeden Unterricht optimal vorzubereiten.
    Statt sich und anderen die gelegentliche Unsicherheit einzugestehen, wird diese vertuscht: „Es ist mir lieber, wenn mir beim Unterrichten niemand zuschaut!“, höre ich dann als typische Antwort auf meine Anfrage (zum Beispiel im Auftrag von Praktikantinnen und Praktikanten).

Aus meiner Sicht empfehle ich:

  1. Lehrkräfte können sich wesentlich unterstützen, indem sie kooperieren und:
    > „kollaborativ“ Unterrichtsideen entwickeln
    > Material austauschen
    > sich über gelungene, aber auch „interessante“ oder schwierige Unterrichtssituationen kollegial beraten.
  2. Lehrkräfte können ihren Stress reduzieren, in dem sie einander ihre Unsicherheit bei „noch nicht optimal vorbereitem Unterricht“ mitteilen und sich ab und zu emotionale und auch inhaltliche Unterstützung erbitten.
Wortwolke zum Arbeitsfeld der Lehrkraft

Wenn Lehrerinnen, Lehrer, Dozentinnen und Dozenten sich in Gruppensupervisionen wechselseitig unterstützen und unterstützen lassen, so können sie dabei – neben der Beratung ihrer „Fälle“ und Themen – ein Modell erfahren, wie sie sich wechselseitig stärken können.
Darum schlage ich dieser Personengruppe nachdrücklich Gruppensupervision für Lehrkräfte vor.
Da ich mich selbst als „Supervisor“ bezeichne, spreche ich von „Gruppen-Supervision“. In der Praxis biete ich – in Absprache mit der Gruppe – auch Elemente aus Coaching-Verfahren und auch Coachinggruppen an.

Ist eine sich wechselseitig unterstützende und kollegiale Haltung in der Gruppe (z.B. nach einer Supervision) eingeübt, kann in vielen Fällen auch eine kollegiale Beratung (ohne Leitung eines Coachs oder Supervisors) angeschlossen werden.
Einen Vorschlag für einen hilfreichen Ablauf finden Sie hinter diesem Link.

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entwickelt im Frühjahr 2008; zuletzt überarbeitet: 2. Juli 2023       Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag

Trauer in der Schule (Schule verbessern – 5)

schwimmende Teelichter auf Wasser und vor einem dunklen Hintergrund

Zusammenfassung

Manchmal sind Schüler*innen und Lehrkräfte geschockt und herausgefordert:
Eine Person ist verstorben, kommt nicht mehr zum Unterricht.
Wie kann man darauf angemessen reagieren?
Was hilft in so einer Situation?

Ausnahmezustand

Ob durch Unfall, Krankheit oder Selbsttötung ausgelöst, die Reaktionen sind oft Erschütterung und Herausfallen aus dem Normalzustand. Oft herrscht Sprachlosigkeit – oder aber Dauer-Reden.
Beides signalisiert den Ausnahmezustand.

Vier empfohlene Schritte

Hier beschreibe ich vier einfache und bewährte Schritte mit den betroffenen Gruppen, die ohne große methodische Vorbereitung durchführbar erscheinen.

1. Informationen sorgsam zusammentragen und Spektulatioonen verhindern

Manche Gruppen neigen zur stillen Lähmung, die anderen zum gebannten Dauergespräch.
Zum Start der Gesprächs-Runde erscheint es darum hilfreich, die vorhandenen Informationen zu sammeln. Oft wird wild spekuliert, Halbwissen lädt zur Ausschmückung ein und der Boden der Realität wird schnell verlassen. Dieser einfache Schritt der Sammlung von tatsächlich verfügbaren Informationen hilft, den Kontakt mit der Realität zu wahren.
Außerdem fällt es relativ leicht über Fakten zu sprechen, so dass auch stumm-gelähmte Personen möglicherweise wieder zu sprechen beginnen.

Als Moderator sehe ist hier meine Aufgabe darin, zum Sprechen aufzufordern, das Aussprechen-Lassen zu garantieren und immer wieder auf die Tatsachen zu achten und diese behutsam und doch deutlich von Vermutungen zu unterscheiden.

Es ist auch zu empfehlen, die Sozial-Media-Walze zu begrenzen und um eine zurückhaltende Nutzung der entsprechenden Plattformen zu bitten. Das kann auch die Trauerfamilie entlasten.

2. Reaktionen ausdrücken

Im nächsten Schritt fordere ich die Anwesenden auf, ihre ersten Reaktionen für sich selbst wahrzunehmen und dann für die anderen auszudrücken. Oft kommen dann Worte wie Überraschung, Schock, dann aber auch die Frage nach der Schuld und ob etwas getan hätte werden können, was nun leider unterlassen wurde.
Manche Personen spüren auch so etwas wie Wut.

Als Moderator sehe ist hier meine Aufgabe darin, alle Gefühle, Gedanken und Ausdrücke zu schützen:
Das wird so empfunden und darf so sein.
Außerdem mache ich deutlich, dass ich von „Schuld“ in diesem Zusammenhang nichts halte. Hier versuche ich zu entlasten.

3. Bewältigungs-Rituale anbieten

Anknüpfend an die Wut-Äußerungen frage ich im nächsten Schritt, wie sich die Zurückgebliebenen vom Abwesenden verabschieden wollen. Wenn eine Beerdigung besucht werden kann, ist dies eine Möglichkeit.
Es gibt noch andere – zum Beispiel:

  • gemeinsam zu einem Gottesdienstraum zu spazieren
  • einen Abschiedsbrief zu schreiben
  • selbst ein Bild zu malen
  • ein vorhandenes Foto heraus zu suchen
  • eine Beileidskarte an die Angehörigen zu schreiben
  • auch eine Sammlung kurzer Grüße an die Trauerfamilie kann passend und hilfreich sein

Als Moderator sehe ist hier meine Aufgabe darin, alle Ideen zuzulassen und die Kommentierungen weitgehend zu dämpfen: Jede und jeder darf den eigenen Weg des Abschieds für sich wählen. Oft entlasten solche Handlungen und schließen (wenigstens vorläufig) einen Trauerschritt ab.

4. Hilfsmöglichkeiten in Krisen-Zeiten sammeln

Unweigerlich stellen sich die Zurückgebliebenen die Frage, was mit Ihnen selbst ist, wenn Sie in eine Krise kommen. Besonders deutlich wird diese Frage nach einer Selbsttötung.
Hier fordere ich die Anwesenden auf, eigene Möglichkeiten des Umgangs mit krisenhaften Zuständen zu überlegen und möglichst in der Gruppe auszutauschen.

Als Moderator sehe ist hier meine Aufgabe darin, zu Hilfsangeboten zu ermutigen und konkrete Möglichkeiten aufzuzeigen. So verweise ich selbst auf die Beratungslehrer/innen, Telefonseelsorge und auf psychosoziale Beratungsstellen.

Die moderierende Lehrkraft ist persönlich gefordert

Diese Situationen wünscht sich niemand. – Die eigene Betroffenheit und die Betroffenheit der Schülerinnen und Schüler und der Kolleg*innen können sich überlagern. Wichtig erscheint mir, dass die moderierende Person fähig bleibt, den Prozess zu steuern.

Dazu ist es sicher hilfreich, sich schon einmal mit diesem Thema vor dem akuten Fall auseinander gesetzt zu haben:

  • Welche Erfahrungen mit Leid und Tod habe ich selbst?
  • Welche Einstellung zu Leid und Tod habe ich entwickelt?
  • Kenne ich Hilfsangebote?
  • Welche Kolleg*innen können mich in solchen Situationen unterstützen?
  • Welche Material (z.B. Trauerkoffer) gibt es wo in meiner Schule?

Weiterführende Links

in 2013 entwickelt, zuletzt ergänzt am 2.07.2023       Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag